Wann wird aus Ware Ladung
Als Ladung (Transportgut) werden Gegenstände bezeichnet, die einer räumlichen Standortveränderung mittels technischer Hilfsmittel (Transportmittel) im weitesten Sinne unterzogen werden.
Ob sich beim Bremsen ein Körper in Bewegung setzt, ist unabhängig von seinem Gewicht. Darum ist es ein schwerer Irrtum zu glauben, eine schwere Ladung sei schon allein durch ihr hohes Gewicht unbeweglich und damit sicher. Sie setzt sich bei scharfem Bremsen oder in Kurven genauso in Bewegung wie eine Ladung mit geringerem Gewicht.
Wir kennen den Effekt aus Bus und Bahn. Bei Stillstand oder während der Fahrt ist das Stehen unproblematisch. Unangenehm wird es beim Anfahren und noch mehr beim Bremsen. Würden wir uns nicht festhalten, würde die Fliehkraft uns aus dem sicheren Stand ziehen. Aus dem Grund benutzen wir Griffe und Handschlaufen.
Deshalb muss jede Ladung gesichert sein - egal wie leicht oder schwer sie ist.
Die Massenkräfte einer Ladung treten z. B. bei einer Vollbremsung auf, unabhängig von der vorher gefahrenen Geschwindigkeit, und zwar erst kurz vor dem Stillstand des Fahrzeugs.
Es ist also völlig unerheblich, ob die Vollbremsung aus 100 km/h oder 30 km/h erfolgt.
Daher gilt immer: Jede Ladung muss gesichert sein - egal wie schnell man fährt.
Beim Sichern von Transportgut kommt es darauf an, alle Arten von Lasten, egal welcher Form, Oberflächenbeschaffenheit, Gewicht und Aggregatzustand, so zu sichern, dass sie auf keinen Fall durch äußere Einflüsse in unkontrollierte Bewegung gerät.
Das Prinzip von Masseträgheit und Fliehkraft
Beispiel:
Ein erwachsener Mann will einen Transporter mit seiner Körperkraft bewegen. Um das Fahrzeug in Bewegung zu setzen, benötigt er einen hohen Kraftaufwand, weil die Masse des Gerätes träge stehen bleiben will. Beim Abbremsen des rollenden Fahrzeugs muss der Mann ihn aktiv verzögern, weil das Fahrzeug träge weiterrollen will. Zieht der Mann das einmal rollende Fahrzeug mit gleichbleibender Geschwindigkeit, ist der Kraftaufwand gering.
Beim Ziehen um eine Kurve, zwingt der Mann das Fahrzeug zu einer Richtungsänderung, der Kraftaufwand ist hoch, weil das Fahrzeug weiter geradeaus fliehen will.
D.h. übertragen, bei der Ladungssicherung muss der Masseträgheit und der Fliehkraft entgegengewirkt werden, Ware muss in eine unverrückbare Transportposition gebracht werden.
Wie macht man das
Ladungsbehälter als fester Bestandteil des Fahrzeugs |
Kraftschlüssiges Verbolzen eines Transportbehälters |
Einklemmen von raumfüllender Last |
Direkt- / Niederzurren von Last auf das Trägerfahrzeug |
Arten der Ladungssicherung
Man unterscheidet grundlegend zwei unterschiedliche Arten der Ladungssicherung:
- die kraftschlüssige Ladungssicherung
- die formschlüssige Ladungssicherung
Eine Kombination beider Ladungssicherungsarten ist möglich.
Kraftschlüssige Ladungssicherung
Die kraftschlüssige Ladungssicherung wird durch das Niederzurren gewährleistet. Hierbei wird die Ladung durch z. B. Zurrgurte zusätzlich auf die Ladefläche gepresst und somit die Reibungskraft erhöht, die gegen ein Verrutschen der Ladung sichert. Von entscheidender Bedeutung ist hier der Gleitreibbeiwert.
Die Berechnung der erforderlichen Sicherung berücksichtigt das Ladungsgewicht, den vertikalen Zurrwinkel der verwendeten Zurrgurte, den Gleitreibbeiwert, den Beschleunigungsfaktor sowie den Übertragungsbeiwert. Um Kraftschluss herzustellen, sind unabhängig von der Berechnung mindestens zwei Sicherungsmittel zu verwenden.
Formschlüssige Ladungssicherung
Bei der formschlüssigen Ladungssicherung wird die Ladung durch bündiges, lückenloses Verladen, Schräg- oder Diagonalzurren sowie Kopf- oder Buchtlaschung gesichert. Zur Ladungssicherung können folgende unterschiedliche Zurr- und Hilfsmittel eingesetzt werden: Zurrgurte, Zurrdrahtseile, Zurrketten, rutschhemmende Matten, Antirutschhölzer, Keile, Kantenschutz, Ladungssicherungsnetze, Ankerschienen in Verbindung mit Lade- und Sperrbalken, Zurrpunkte, Staupolster oder Stauholz.
Lösungsansatz Niederzurren
Anforderungen Transportmittel:
- muss geeignet sein, die zu transportierende Last auf zu nehmen
- Nutzlast (Gewicht)
- Abmaße (Länge / Breite / Höhe des Transporters begrenzen die Dimensionen des Transportgutes)
- Zurrpunkte (Lastaufnahme)
Anforderungen Transportgut:
- muss geeignet sein, transportiert zu werden
- Anmaße passend zur Infrastruktur (Dimension von Straßen / Brücken / Tunnel begrenzen Transportgutgrößen)
- Fragilität von Transportgutkonstruktionen (Beschädigungen durch Vibration, Fliehkraft, Wind, o. ä.)
- Gewicht passend zur Infrastruktur (Dimension von Straßen / Brücken / Tunnel begrenzen Transportgutgewicht)
Anforderungen Zurrmittel:
- muss geeignet sein, schlüssig am KFZ befestigt zu werden
- muss geeignet sein, das Transportgut effektiv nieder zu zurren
- muss geeignet sein, die Belastung durch Gewicht und auftretende Dynamik des Transportgutes beschädigungsfrei aufnehmen zu können
Welche Komponenten sind zum Zurren notwendig
Zurrketten |
Vorteile: - robust |
Nachteile: - keine Eigensteifigkeit (Durchschieben ist schwierig) |
Einsatzgebiete: - robustes Zurrmittel, unempfindlich bei rauen Umgebungsbedingungen |
Zurrgurte |
Vorteile: - hohe Leistung bei geringem Gewicht |
Nachteile: - nicht verkürzbar |
Einsatzgebiete: - einsetzbar, wo Zurrmittel erforderlich sind, die leicht und Oberflächen schonend sind, jedoch keine rauhen Bedingungen herrschen |
Kantenschoner |
- einsetzbar in Kombination mit Zurrgurte, um diese bei scharfen Kanten vor Beschädigung zu schützen |
Antirutschmatten |
- haftfördernd bei Transportgütern mit glatten Auflagen, die auf Ladeflächen rutschen könnten durch Erhöhung des Gleitwiderstandes |
Zurrpunkte |
- definierte Befestigungspunkte, für die eine Zurrlast festgelegt ist |
Transportnetz |
- Sicherung von losen Gegenständen auf offenen Ladeflächen Keine Ladungssicherung im eigentlichen Sinn! |
Elastische Spannbänder |
- Einfache Sicherung von Gütern mit kleinem Volumen und geringem Gewicht Keine Ladungssicherung im eigentlichen Sinn! |
Zurrmittel
Für ein gefahrfreies Verzurren müssen folgende Kenntnisse und Fertigkeiten vorhanden sein:
- wie schwer ist das Transportgut?
- wo befindet sich der Schwerpunkt des Transportgutes?
- welche Zurrmittel stehen mir zur Verfügung?
- wie ist meine Kenntnis über Tragfähigkeit zum Zurrmitteln?
- welches Zurrmittel ist geeignet?
- wie vermeide ich unkontrolliertes Bewegen / Pendeln / Kollabieren während des Transportes?
- wie vermeide ich Schäden an Zurrmitteln?
- wo bewahre ich Zurrmittel auf?
Kennzeichnung von Zurrmitteln
Die häufigsten Güterunfälle sind auf ungenügende Ladungssicherung zurück zu führen. Wenn es zur Überlastung und Abriss kommt, sind die Folgen meist tödlich. Die juristischen Folgen hierfür tragen Verlader und Fahrer.
Daher ist es im Vorfeld wichtig, die Zurrkräfte der einzelnen Komponenten zu erkennen und das für den Transport richtige Zurrsystem zu wählen.
Alle Zurrmittel müssen normgemäß so gekennzeichnet sein, dass der Verantwortliche zweifelsfrei die Zurrkräfte erkennen kann.
Diese sind wie folgt geregelt:
Ablegekriterien von Zurrmitteln
Ablegereife bei Zurrmitteln bedeutet, dass festgelegte Verschleißmerkmale erreicht worden sind und das Sicherungsmittel deshalb nicht mehr verwendet werden darf. Die Ablegereife ist ein Fachausdruck, der für Sicherungsmittel verwendet wird, die kein zeitliches Ablaufdatum besitzen, sondern so lange genutzt werden dürfen, bis die in der DIN EN 12195 beschriebenen Verschleißgrenzen erreicht worden sind.
Die Ablegereife bei Zurrketten tritt ein durch:
- Abnahme der Dicke eines Kettengliedes um mehr als 10 % der Nenndicke
-
Längung / Dehnung eines Kettengliedes um mehr als 5 % des Teilungsmaßes
- Bruch einer Kettenkomponente
- Anriss in einer Kettenkomponente
- Verformung einer Kettenkomponente
- Ausdehnen des Kettenspanners aus den Führungen
- Starke Korrosion des Kettenspanners
- Fehlerhafte Funktion des Kettenspanners
Die Ablegereife bei textilen Zurrmitteln tritt ein durch:
- Einschnitte von mehr als 10 % an der Webkante
-
Übermäßigen Verschleiß (z. B. Garnbrüche)
- Beschädigungen der Nähte
- Verformungen durch Wärme
- Schäden durch den Kontakt mit aggressiven Medien (Säuren / Basen)
- fehlendes oder nicht lesbares Label
- Beschriftung der Textilfläche
- Beschädigung des Spannschlosses
- Starke Korrosion des Spannschlosses
- Fehlerhafte Funktion des Spannschlosses
Also kurz und knapp zusammengefasst heißt das:
Verboten ist:
- Kettenbauteile mit "kettenfremden" Teilen zu verbinden (Draht, Schrauben, Bolzen)
- Kettenbauteile unterschiedlicher Stärken miteinander zu kombinieren (Zurrkraft wird durch das Bauteil mit der kleinsten Stärke bestimmt)
- Kettenbauteile unterschiedlicher Güteklassen miteinander zu verbinden
- Haken mit ihrer Spitze in ein Kettenglied ein zu hängen
- Zurrketten nach Bruch oder Verformung einzelner Kettenbauteile zu verwenden
- durch Überlastung steifgezogene Zurrketten weiter zu verwenden
- Zurrmittel niemals als Anschlagmittel verwenden
- Nicht originale Zurrpunkte an Fahrzeugen, zu denen kein Nachweis über Zurrkräfte und die dazu gehörige Freigabe des Herstellers vorliegen dürfen nicht genutzt werden
- Die Verwendung von Zurrmitteln zum Heben von Lasten ist verboten
Kaputt ist:
Zurrmittel dürfen nicht mehr verwendet werden (Ablegereife) bei:
- Brüchen, Anrissen, Schnitten, Kerben, übermäßiger Korrosion
- Verfärbungen durch Wärmeeinfluss
- Verformung von Kettenteilen
- fehlendem oder unlesbarem Kennzeichnungsanhänger oder -label
- unzulässigen Manipulationen an den Zurrmitteln
-
übermäßige Längung / Verschleiß der Kettenglieder
- Aufweitung von Haken
-
übermäßiger Verschleiß des Hakengrundes
-
übermäßiger Verschleiß der Aufhänge- oder Endglieder
- Einschmelzung von Schweißpartikeln in textile Zurrmittel
- Feuer-, säure/basen- oder hitzebedingte Schmelzerscheinungen an textilen Zurrmitteln
Die Verschleißkriterien finden sich in den unten aufgeführten Normierungen.
Zu beachten ist:
-
beim Arbeiten mit Zurrmitteln Handschuhe tragen (Verletzungsgefahr!)
- vermeiden Sie Reißen oder Ruckbelastung
- Zurrmittel dürfen nicht geknotet oder verdreht belastet werden
- Haken und andere Kettenendbeschläge dürfen nicht auf Biegung beanspruch werden
- bei scharfkantigen Lasten sind die Zurrmittel durch Kantenschoner (behelfsweise Kanthölzer) zu schützen
Regelmäßige Prüfungen und Prüffristen (UVV-Prüfung)
Zurrmittel unterliegen der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV).
Entsprechend DGUV-R 100-500 müssen alle Zurrmittel in Abständen von längstens einem Jahr durch einen Sachkundigen geprüft werden, der Nachweis ist vom Eigentümer zu führen.
- Sichtkontrolle vor dem täglichen Gebrauch durch den Verlader + Fahrer (regelmäßig)
- UVV-Prüfung min. 1 x jährlich durch eine befähigte Person (Sachkundiger)
Normative und rechtliche Verweise bei Zurrmitteln
Straßenverkehrsordnung (StVO) §22
Straßenverkehrszulassungsverordnung (StVZO) §30 Beschaffenheit der Fahrzeuge
Geräte und Produktsicherheitsgesetz (GPSG)
DIN 75410-3 Ladungssicherung im Kastenwagen
EN 12195-1 Berechnung von Zurrkräften
EN 12195-2 Zurrgurte
EN 12195-3 Zurrketten
EN 12195-4 Zurrdrahtseile
EN 12642 Aufbauten an Nutzfahrzeugen
ADR 7.5.7 Handhabung und Verstauung
DGUV - V 70 Fahrzeuge
DGUV - R 100-500
VDI 2700 Ladungssicherung auf Straßenfahrzeugen
CTU Packrichtlinien
Gefahrgutrecht (GGVSE/ADR)
Ggf. sind darüber hinaus gehende Sonderregelungen zu beachten, z.B. beim Gefahrguttransport, sowie entsprechende landesspezifische Vorschriften (außerhalb Deutschlands).
Zu beachten ist:
Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass die Verantwortung der Ladungssicherung beim Fahrer, Halter und beim Verlader liegt. Verstöße können im Bereich der Ordnungswidrigkeit (allgemeine Verkehrskontrolle oder Verkehrsunfall mit Sachschaden) mit Bußgeldern und mehreren Punkten bestraft werden.
Eine Straftat (z.B. Verkehrsunfall mit Personenschaden) wird mit Geld- oder Freiheitsstrafe geahndet.
Dieses Informationsschreiben erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, es soll dem Nutzer einen groben Überblick über das komplexe Thema "Verzurren von Lasten" geben und ihn sensibilisieren, Unfälle durch Leichtsinn oder Unwissenheit zu vermeiden. Es wird vor dem Transport von Lasten dringend geraten, dass sich Fahrer, sowie Verlader die Grundsätze der Ladungssicherung gemäß der VDI-Richtlinie VDI 2700 "Ladungssicherung auf Straßenfahrzeugen" zu eigen machen, dies gilt für gewerblich, aber auch privat durch zu führende Ladungstransporte.
Ein Lehrgang mit Zertifikat zu vor genanntem Thema ist zwingend geraten.